Brüder im Nebel
Allein schon der Titel des Aktenordners, den der Erzbischof von Köln für die geheimen Unterlagen der Missbrauchsfällte gewählt hat, ist blanker Hohn. Dieser Ordner diente nicht dem Schutz der Opfer, sondern dem Schutz der Täter, die, da sie ja nur im Nebel waren, nicht zur Rechenschaft gezogen werden mussten. Es gibt ein Foto von der Übergabe des Gutachtens an Woitzek, da nimmt er lächelnd das 40 cm dicke Gutachtenbuch entgegen, als wäre es ein besonderer Verdienst, als wäre es etwas Positives, eine Auszeichnung, etwas, womit er glänzen kann. Ich bekomme körperliche Schmerzen wenn ich darüber nachdenke. Was für ein verlogener Verein der Scheinheiligkeit!
Missbrauch, allein schon das Wort ist falsch, denn es bedeutet ja, dass ich etwas brauchen, gebrauchen kann, nur eben in diesen Fällen missbrauchen kann. Kein Kind ist dazu da, gebraucht zu werden.
Missbrauch ist eines der schlimmsten Vergehen, die Menschen anderen Menschen antun können, und je intensiver das Abhängigkeitsverhältnis, desto traumatischer das Missbrauchserleben. Viele Opfer sind nach einem Missbrauch gespalten, haben den Zugang zu ihrer Intuition verloren. Denn häufig sagen die Peiniger, es ist gut, du bist auserwählt, es ist ein Geheimnis, unser Geheimnis, das uns beide verbindet, das zusammenschweißt. Und auch: Keiner wird dir glauben, alle werden denken, dass du lügst und so verschwimmt der Blick auf die Wirklichkeit: Habe ich es wirklich erlebt? Ist es schlimm oder nicht? Es verschwindet das selbstverständliche Gefühl, was gut ist oder nicht, was erlebt wurde oder nicht.
Zunächst ist da stilles Entsetzen, Ohnmacht, Unfähigkeit zu verstehen, zu handeln. Und dann kommen schnell, häufig zu schnell, die Stimmen, man muss verzeihen können um frei zu werden. Aber ohne die Wut, den Schrei, der im Hals stecken geblieben ist, kann nicht verziehen werden, nicht wirklich verziehen werden. Dem Peiniger und auch sich selbst, denn Missbrauchstäter arbeiten häufig mit Schuldzuweisungen, naja, das kann die katholische Kirche ja auch besonders gut.
Viele Menschen, die Missbrauch erlebt haben, erlauben sich nicht, wirklich die Wut, die sich häufig als Blockade im Körper festgesetzt hat, rauszuschreien und sich damit den Schmerz einzugestehen, der in ihren ist. Die Gefühle werden unterdrückt und häufig werden auch die positiven Gefühle damit unterdrückt, ein Leben ohne Emotionen ist nicht wirklich lebendig.
Es gibt natürlich nicht nur Missbrauch in der katholischen Kirche sondern leider auch in vielen Familien. 80 % der Täter kommen aus dem näheren Umfeld, sind Menschen, denen die Kinder vertraut haben, denen die Kinder anvertraut wurden. Bitte seid alle wachsam! Glaubt auch das schein Unglaubhafte, dass Kinder euch erzählen! Lasst uns alle sensibler, wachsamer und mutiger auf unsere Kinder schauen! Bitte!
Wehe dem,wer einem meiner kleinen ,die an mich glauben,ein Ärgernis gibt.
Es wäre besser ihn mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer zu versenken.
Mathäus Evangelium
Kapitel 21 Vers 6